Die diesjährige Frühjahrsexkursion der Kulturinitiative Leo Grewenig e.V. führte 30 Mitglieder und Freunde des Vereins am Samstag, dem 29.4.2023 nach Nordhessen.
Die erste Station des Ausflugs war die 1919 gegründete Frauensiedlung Loheland in der Rhön nahe Fulda, die vor allem durch die Loheland-Gymnastik sowie die kunstgewerblichen Produkte der Loheland-Werkstätten bekannt geworden ist. Arbeiten und Leben sollten dort Hand in Hand gehen. Die „Loheländerinnen“ integrierten Gymnastik, Tanz, Garten- und Ackerbau, Handwerk und Kunst in ihrem Konzept. Die Loheland-Siedlung stellte in den 20er Jahren ein – wenn auch relativ unbekanntes – Pendant zum Bauhaus dar. Heute ist Loheland von Gebäuden unterschiedlichster Größe und Erscheinung, beschatteten Wegen und viel „Grün“ geprägt.
Die ehemalige Archivarin und profundeste Kennerin Lohelands, Frau Elisabeth Mollenhauer-Klüber führte die Gruppe zunächst in die Geschichte und die Ziele der Loheland-Gemeinschaft ein. In einem anschließenden Rundgang wurden dann die bedeutendsten noch erhaltenen Gebäude aus den 20er Jahren besichtigt. Interessant war vor allem die sog. „Waggonia“, ein aus vier ehemaligen Eisenbahnwaggons bestehendes Gebäudeensemble, in dem die wichtigsten Werkstätten der Siedlung untergebracht waren.
Frau Anett Matl, die Archivarin der Loheland-Stiftung hatte im Archiv eine kleine Auswahl von Keramiken, Lederarbeiten, Holz-Objekten, Möbeln und Fotografien für die Gruppe arrangiert, die im Anschluss an die Außenführung gezeigt und von ihr erläutert wurden. So konnten die Exkursionsteilnehmer anhand von Originalen einen „exklusiven“ Eindruck von den Produkten der „Loheländerinnen“ gewinnen, die in der Regel nur für Einzelbesucher im Archiv zugänglich sind.
Nach dem Mittagessen ging es dann weiter nach Fulda, wo mit der „Villa Franz Erhard Walther“, die im September 2022 als Museum für das Frühwerk des 1939 in Fulda geborenen und heute wieder dort lebenden Künstlers eröffnet wurde, das nächste „Highlight“ auf die Gruppe wartete.
Franz Erhard Walther war mehrmaliger Documenta-Teilnehmer und erhielt 2017 auf der Biennale in Venedig den Goldenen Löwen für sein Lebenswerk. Nach einem längeren Aufenthalt in New York war er von 1971 bis 2005 Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Er ist vor allem durch seine „Werksätze“ bekannt, durch die der Betrachter zu prozesshaften Erfahrungen durch „Handeln“, vor allem mit textilen Materialien, aktiviert werden soll.
In der Villa Franz Erhard Walther führte der „Hausherr“ selbst durch sein Museum. Fast zwei Stunden lang erläuterte Franz Erhard Walther seine frühen Arbeiten und entrollte in zahlreichen Anekdoten ein faszinierendes „Kunst-Panorama“ der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Man hätte ihm noch viele Stunden zuhören können. Die Exkursionsteilnehmer erlebten Kunstgeschichte und Kunstbetrachtung sozusagen aus „erster Hand“, die intensiver nicht sein konnte. Die Führung von Franz Erhard Walther war ein einmaliges Erlebnis und ein Privileg, das die Gruppe zu schätzen wusste, die sich bei dem Künstler mit lange anhaltendem Applaus bedankte.
Eine Führung durch die Michaelskirche, eines der bedeutendsten Bauwerke der Karolingerzeit, und den barocken Dom bildete dann den Abschluss der gelungenen Frühjahrsexkursion.