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Frühjahrsexkursion 2024

Fahrt nach Wiesbaden und Bad Nauheim

Die diesjährige Frühjahrsfahrt führt am Samstag, 27. April zu zwei Ausstellungen im Museum Wiebaden und in Bad Nauheim als Badeort im Jugendstil. In zwei parallelen Führungen werden die Arbeiten von Stephan Balkenhol und Günter Fruhtrunk bei der Exkursion vermittelt.

Wiesbaden: Balkenhol trifft Alte Meister

Stephan Balkenhol (geb.1957) ist einer der bekanntesten deutschen Bildhauer der Gegenwart. Grob gehauene und farbig bemalte Holzskulpturen sind sein wichtigstes „Markenzeichen“. Die menschliche Figur steht im Mittelpunkt seiner Arbeiten. Er entwickelt Grundtypen in vielfältigen Variationen, die keine eindeutigen Emotionen zeigen. Sie blicken scheinbar ins Leere, bleiben distanziert, anonym und rätselhaft. Balkenhols wichtigstes Arbeitsmaterial ist das Holz, dessen Materialcharakter in den sichtbaren Spuren des Arbeitsprozesses erhalten bleibt. Die Figuren sind oft in einem Stück aus einem Holzblock oder Holzstamm herausgearbeitet und bleiben dadurch untrennbar mit dem Sockel verbunden. Balkenhol gibt seinen Figuren bewusst einen indifferenten Ausdruck, um sie für individuelle Deutungsmöglichkeiten des Betrachters offenzuhalten. In der Wiesbadener Ausstellung versammelt sich ein Teil der von Balkenhol geschaffenen „Kunstfamilie“ in der Abteilung Alte Meister zu einem Museumsbesuch. Die Figuren der Gegenwart treten in einen ungezwungenen Dialog mit den Bildern vergangener Jahrhunderte, in den auch die Besucher einbezogen werden.

Wiesbaden: Günter Fruhtrunk – Retrospektive

Günter Fruhtrunk (1923 – 1982) war ein abstrakter Maler und Grafiker. Ausgehend von Begegnungen mit Willi Baumeister, Julius Bissier, Fernand Léger und Hans Arp entwickelte er eine konstruktive Bildsprache aus Farbklängen und Rhythmusstrukturen, die das Auge des Betrachters herausfordern. Seine Arbeiten in Bild-Serien zeigen enge Bezüge zur Musik, die sich in zahlreichen Titeln spiegeln. Fruhtrunk war Teilnehmer der Documenta 4 und Professor für Malerei an der Münchner Kunstakademie. Seine Kunst prägte auf Jahrzehnte das Straßenbild der Bundesrepublik – und dies auf ungewöhnliche Weise: 1970 entwarf er das Design für die Plastiktüten des Discounters ALDI Nord. Anlässlich des 100. Geburtstages von Günter Fruhtrunk widmet das Museum Wiesbaden dem Künstler eine große Retrospektive. Die Ausstellung umfasst rund 60 Gemälde aus allen Schaffensphasen des Künstlers.

Bad Nauheim

Um 1900 gehörte Bad Nauheim zu den führenden Kurbädern Deutschlands. Bad Nauheim hatte das Glück, mit Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein (1868-1937) einen äußerst fortschrittlichen und kunstbegeisterten Landesfürsten zu haben: Ihm verdankt Bad Nauheim seine weltweit einzigartigen Jugendstilanlagen. Unter der Leitung des Großherzoglichen Regierungsbauinspektors Wilhelm Jost kommt es zwischen 1902 bis 1912 zu einer einheitlichen Gestaltung der Bade-, Kur- und Wirtschaftsanlagen. Zwischen 1905 und 1912 entsteht der Sprudelhof mit insgesamt 386 Badezellen, Verwaltungsgebäuden und neuen Fassungen für die Sprudel. Mit seinen reich verzierten Badehäusern, den üppig ornamentierten Wartesälen und Schmuckhöfen zählt er zu den eindrucksvollsten Zeugnissen des deutschen Jugendstils. Schmuckhöfe und Warteräume der sechs Badehäuser wurden individuell mit zahlreichen künstlerischen Details gestaltet. Die Ornamentik der Brunnen, Figuren und Dekore bezieht sich auf das Wasser als gesundheitsspendende Kraft. Leider ist die Gesamtanlage wegen Sanierungsarbeiten für mehrere Jahre geschlossen. Zugänglich ist aber das Badehaus 3, das im fast originalgetreuen Zustand von 1905 erhalten ist. Dort werden in den Räumen der Badezellen die Ausstellungen „Stilwende 2.0“ (mit einer Privatsammlung von Objekten vom Jugenstil bis zum Bauhaus) und „Elfenhaft – Friedrich Wilhelm Kleukens“ (mit sieben großformatige Bildern des Malers, einem wichtigen Vertreter der Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt) gezeigt. In zwei Führungen, die wegen der kleinen Räume nacheinander erfolgen müssen, erhalten die Exkursionsteilnehmer sowohl einen Einblick in die Badekultur um 1900 als auch in die beiden aktuellen Ausstellungen. Während jeweils die Hälfte der Gruppe an der Führung teilnimmt, kann die andere Hälfte bei Tee, Kaffee, Kuchen und kleinen Sandwichecken in Ruhe das Jugendstil-Ensemble genießen. Sollte nach den Führungen noch Zeit bleiben, könnte ein Spaziergang durch den historischen Kurpark von Bad Nauheim mit einer Außenbesichtigung des Kurhauses aus den fünfziger Jahren die Exkursion abschließen.

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Exkursion nach Wiesbaden

Dieter Rams und Ernst May

Im Stadtmuseum am Markt Wiesbaden hatten die Teilnehmer der Exkursion Gelegenheit, sich mit dem Werdegang des – international noch mehr als in Deutschland – bekannten Designers Dieter Rams vertraut zu machen. Rams, 1932 in Wiesbaden geboren, ist vor allem mit dem Design für die Haushaltsgeräte der Firma Braun in Kronberg bekannt geworden, aber auch mit seinen Möbelentwürfen für die Firma Vitsoe.

In einer kompetent und anschaulich vorgetragenen Führung lernten die Teilnehmer unter anderem die “Zehn Thesen” von Dieter Rams kennen – gegen die “Unkultur des Überflusses”, schon zu Zeiten des gern so genannten Wirtschaftswunders:

  • Gutes Design ist innovativ.
  • Gutes Design macht ein Produkt brauchbar.
  • Gutes Design ist ästhetisches Design.
  • Gutes Design macht ein Produkt verständlich.
  • Gutes Design ist ehrlich.
  • Gutes Design ist unaufdringlich.
  • Gutes Design ist langlebig.
  • Gutes Design ist konsequent bis ins letzte Detail.
  • Gutes Design ist umweltfreundlich.
  • Gutes Design ist so wenig Design wie möglich.
Die Teilnehmer der Exkrursion in der Ausstellung von Dieter Rams, Foto: klg, CC by-SA 3.0

Am Nachmittag beschäftigte sich die Gruppe mit einem etwas sperrigeren, aber ebenso hochaktuellen Thema. In der in den 1960er Jahren errichteten Siedlung “Schelmengraben” im Wiesbadener Stadtteil Dotzheim begegnete sie dem Spätwerk von Ernst May, der 40 Jahre zuvor mit seinen Planungen zum “Neuen Frankfurt” Geschichte gemacht hatte und nach Stationen in der UdSSR, mehreren afrikanischen Ländern, Hamburg und Mainz Stadtplaner in Wiesbaden wurde. Zur Bekämpfung der Wohnungsnot setzte er dort auf eine umfangreiche Neubebauung der historischen Innenstadt (auf Kosten der alten Substanz) und den Bau von mehreren Trabantensiedlungen an den Taunushängen. Nur drei davon – das Parkfeld in Wiesbaden-Biebrich, der Schelmengraben und die Siedlung Klarenthal – wurden überhaupt umgesetzt, weil sich gegen Mays Pläne entschiedene Bürgerproteste erhoben.

Wie Ernst May seine Grundsätze “Bauen für das Existenzminimum” und “Luft, Licht und Sonne für alle” konkret umsetzte, zeigte Petra Schwerdtner in einer rund zweieinhalbstündigen, anspruchsvollen Führung durch den Schelmengraben.

Die Exkursionsteilnehmer vor einer der von Ernst May geplanten Garagen – er hatte schon in den 1960er Jahren die Idee, die Abstellorte der Autos von den Wohnungen zu trennen. Foto: klg, CC by-SA 3.0

Die Kulturwissenschaftlerin Petra Schwerdtner betreibt in Frankfurt die Veranstaltungsagentur Kunstkontakt, leitet die Geschäftsstelle des Werkbundes Hessen und hat einen Lehrauftrag an der University of Applied Sciences in Frankfurt. Aus der intensiven Auseinandersetzung mit der Siedlung Schelmengraben konnte sie den Teilnehmern auch viel über die Lebenswirklichkeit dort erzählen. Eine recht geringe Fluktuation und eine (nicht repräsentative) Umfrage unter den Bewohnern sprechen für eine aktuell recht hohe Zufriedenheit in der von außen eher negativ wahrgenommenen Siedlung, die erst in den letzten Jahren mit der angemessenen sozialen Infrastruktur versehen wurde – unter anderm aus Mitteln des Bund-Länder-Programms „Sozialer Zusammenhalt“. Eine der wesentlichen Forderungen von Ernst May existierte nur vorübergehend: Erst 1977 wurde eine (von drei ursprünglich vorgesehenen) Ladenzeile in der Mitte der Siedlung realisiert. Für die rund 2500 Einwohner entstand ein Geschäftszentrum unter anderem mit Bankfiliale, Schuhgeschäft und Zoohandlung, Supermarkt, Postamt und Haushaltswarenladen. Als letzter Mieter verließ vor einigen Monaten die Apotheke das Ensemble.

Die Ladenzeile wurde 1977 mit 19 verschiedenen Geschäften eröffnet. 15 Jahre später war nur noch gut die Hälfte der Räume belegt. Im Oktober 2023 standen alle Räume leer. Foto: klg, CC by-SA 3.0
Einst als städtebaulicher Blickpunkt vorgesehen, sendet das weithin sichtbare rote Hochhaus derzeit ein deprimierendes Signal. Der arg vernachlässigte Gebäudekomplex gehört einem privaten Investor. Von Ernst Mays qualitativ hochwertig geplanten Wohnungen – alle mit Balkon – ahnt man von außen nichts. Foto: klg, CC by-SA 3.0
Eine am Steilhang liegende grüne Wildnis mitten in der Siedlung wurde von May als wichtiger Bestandteil mitgeplant. Überlegungen zur Bebauung im Zuge der Nachverdichtung stießen in der jüngeren Vergangenheit auf vehementen Protest der Anwohner. Foto: klg, CC by-SA 3.0
Die originale Farbgebung Mays wurde an diesen Anwesen der gehobeneren Klasse wieder hergestellt. Der Planer hatte immer die Durchmischung der sozialen Schichten im Auge, die er durch das Angebot unterschiedlicher Wohnungen vom geräumigen Einfamilienhaus bis zur Hochhaus-Wohnanlage erreichen wollte. Foto: klg, CC by-SA 3.0
Ein hübsches Detail und ein Zeichen der Nachhaltigkeit: Die Betonmauern bestehen aus zackenförmigen Elementen, die einfach abgebaut und an anderem Ort neu zusammengetzt werden können. Foto: klg, CC by-SA 3.0

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Herbstexkursion 2023

Das Neue Wiesbaden und Designausstellung Dieter Rams am 14. Oktober

Das Neue Frankfurt kennt jeder, der sich mit der Architektur des 20. Jahrhunderts beschäftigt. Das Neue Wiesbaden dagegen kennen nur wenige. Das liegt auch daran, dass ersteres als große Leistung des innovativen Architekten Ernst May angesehen wurde, letzteres eher als tatsächlich unrühmliches Kapitel seines Schaffens. Wir fahren nach Wiesbaden und nehmen die Umsetzung seiner Großsiedlung Schelmengraben persönlich in Augenschein. Dabei werden wir nicht nur kompetent geführt, sondern dürfen aller Voraussicht nach auch eine Wohnung von innen besichtigen.

Seine Überlegungen stellte Ernst May in einer programmatischen Publikation dar, die 1963 vom Magistrat der Stadt Wiesbaden herausgegeben wurde.

Letztlich beruht diese in den 1960er Jahren gebaute Anlage auf den Prinzipien, die in den 1920er Jahren entwickelt wurden. Warum werden sie nun oft als so falsch empfunden? Oder gibt es auch eine andere, positive Sicht auf diese Architektur? Zum Beispiel entwickelten sich durch die mitgeplanten sozialen Infrastruktureinrichtungen nur bedingt soziale Brennpunkte – im Gegensatz zu den reinen „Schlafstädten“ der 1970er-Jahre.

Gebaut wurde der Schelmengraben, um die Wohnungsnot in der Nachkriegszeit zu mildern. Die vorhandene Altbebauung in der City galt als unattraktiv und ihre Sanierung als zu teuer.Ernst May plante deshalb Großsiedlungen am Stadtrand. Die Siedlungen sind von Grünräumen durchzogen und von ihren Balkons sollten alle direkt in die Natur schauen können. Unterschiedliche Haus- und Wohnungstypen sollten eine soziale Mischung und Begegnungen in kreativ gestalteten Innenhöfen ermöglichen.

Zuvor aber haben wir um 11 Uhr eine Führung durch die Ausstellung des Designers Dieter Rams im Stadtmuseum am Markt Wiesbaden. Dieter Rams (*1932 in Wiesbaden) ist einer der einflussreichsten Designer des 20. Jahrhunderts – die von ihm entworfenen Geräte etwa für die Firma Braun prägten den Alltag in vielen Ländern. Sein minimalistischer und funktionaler Ansatz machte ihn auch zum Pionier langlebiger und umweltfreundlicher Produktion. Die Sonderausstellung war zuvor im MAK – Museum Angewandte Kunst in Frankfurt, den Goethe Instituten in New York und Washington D.C. sowie im ADI Design Museum in Mailand zu sehen.

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Frühjahrsexkursion nach Loheland und Fulda

Die diesjährige Frühjahrsexkursion der Kulturinitiative Leo Grewenig e.V. führte 30 Mitglieder und Freunde des Vereins am Samstag, dem 29.4.2023 nach Nordhessen.

Die erste Station des Ausflugs war die 1919 gegründete Frauensiedlung Loheland in der Rhön nahe Fulda, die vor allem durch die Loheland-Gymnastik sowie die kunstgewerblichen Produkte der Loheland-Werkstätten bekannt geworden ist. Arbeiten und Leben sollten dort Hand in Hand gehen. Die „Loheländerinnen“ integrierten Gymnastik, Tanz, Garten- und Ackerbau, Handwerk und Kunst in ihrem Konzept. Die Loheland-Siedlung stellte in den 20er Jahren ein – wenn auch relativ unbekanntes – Pendant zum Bauhaus dar. Heute ist Loheland von Gebäuden unterschiedlichster Größe und Erscheinung, beschatteten Wegen und viel „Grün“ geprägt.

Die ehemalige Archivarin und profundeste Kennerin Lohelands, Frau Elisabeth Mollenhauer-Klüber führte die Gruppe zunächst in die Geschichte und die Ziele der Loheland-Gemeinschaft ein. In einem anschließenden Rundgang wurden dann die bedeutendsten noch erhaltenen Gebäude aus den 20er Jahren besichtigt. Interessant war vor allem die sog. „Waggonia“, ein aus vier ehemaligen Eisenbahnwaggons bestehendes Gebäudeensemble, in dem die wichtigsten   Werkstätten der Siedlung untergebracht waren.

Frau Anett Matl, die Archivarin der Loheland-Stiftung hatte im Archiv eine kleine Auswahl von Keramiken, Lederarbeiten, Holz-Objekten, Möbeln und Fotografien für die Gruppe arrangiert, die im Anschluss an die Außenführung gezeigt und von ihr erläutert wurden. So konnten die Exkursionsteilnehmer anhand von Originalen einen „exklusiven“ Eindruck von den Produkten der „Loheländerinnen“ gewinnen, die in der Regel nur für Einzelbesucher im Archiv zugänglich sind.

Nach dem Mittagessen ging es dann weiter nach Fulda, wo mit der „Villa Franz Erhard Walther“, die im September 2022 als Museum für das Frühwerk des 1939 in Fulda geborenen und heute wieder dort lebenden Künstlers eröffnet wurde, das nächste „Highlight“ auf die Gruppe wartete.

Franz Erhard Walther war mehrmaliger Documenta-Teilnehmer und erhielt 2017 auf der Biennale in Venedig den Goldenen Löwen für sein Lebenswerk. Nach einem längeren Aufenthalt in New York war er von 1971 bis 2005 Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Er ist vor allem durch seine „Werksätze“ bekannt, durch die der Betrachter zu   prozesshaften Erfahrungen durch „Handeln“, vor allem mit textilen Materialien, aktiviert werden soll.

In der Villa Franz Erhard Walther führte der „Hausherr“ selbst durch sein Museum. Fast zwei Stunden lang erläuterte Franz Erhard Walther seine frühen Arbeiten und entrollte in zahlreichen Anekdoten ein faszinierendes „Kunst-Panorama“ der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Man hätte ihm noch viele Stunden zuhören können. Die Exkursionsteilnehmer erlebten Kunstgeschichte und Kunstbetrachtung sozusagen aus „erster Hand“, die intensiver nicht sein konnte. Die Führung von Franz Erhard Walther war ein einmaliges Erlebnis und ein Privileg, das die Gruppe zu schätzen wusste, die sich bei dem Künstler mit lange anhaltendem Applaus bedankte.

Eine Führung durch die Michaelskirche, eines der bedeutendsten Bauwerke der Karolingerzeit, und den barocken Dom bildete dann den Abschluss der gelungenen Frühjahrsexkursion.

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Exkursion Loheland

Endlich können wir wieder gemeinsam unterwegs sein! Die erste Bus-Exkursion „nach der Pandemie“ wird uns am Samstag, 29. April zur Siedlung Loheland bei Fulda führen.
Diese Einrichtung nur für Frauen wurde 1919 gegründet und ist landesweit vor allem durch die Loheland-Gymnastik sowie die kunstgewerblichen Produkte der Loheland-Werkstätten bekannt geworden. Arbeiten und Leben sollten dort Hand in Hand gehen. Die Loheländerinnen integrierten Gymnastik, Tanz, Garten- und Ackerbau, Handwerk und Kunst in ihrem Konzept. Die Loheland-Siedlung stellte in den 20er Jahren ein (wenn auch relativ unbekanntes) Pendant zum Bauhaus dar.

Durch Kontakte unseres ersten Vorsitzenden Erich Henrich haben wir Gelegenheit, die Siedlung mit Informationen aus erster Hand, nämlich in einer Führung durch die ehemalige Leiterin des Archivs, kennenzulernen.

Anschließend fahren wir nach Fulda zu Führungen durch das Museum „Villa Franz Erhard Walther“ und durch den Dom und die karolingische Michaelskapelle.

Abfahrt ist um 7.30 Uhr, die Rückkunft ist für etwa 20 Uhr geplant.

Hier finden Sie die Details zur Fahrt:

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Fahrt nach Frankfurt, April 2022

Unsere Frühjahrsexkursion brachte uns mit 22 Teilnehmern per Bahn ins Frankfurter Ostend. Dort führte uns der promovierte Architekt Arne Winkelmann rund um die EZB und die ehemalige Großmarkthalle von Martin Elsaesser. Beeindruckt waren wir am Ende nicht nur von Schönheit und Raffinesse des als uneinnehmbare Festung angelegten Hochhauses der Coop Himmelb(l)au, sondern auch von der Ästhetik und gleichzeitigen Funktionalität des in den 1920er-Jahren errichteten Gebäudes von Martin Elsaesser.

Das Hochhaus der EZB mit schützenden Wall- und Zaunanlagen
Foto: klg-bergstrasse, CC BY-ND 4.0

Von Stadtbaurat Ernst May nach Frankfurt berufen, um an dem umfassenden Projekt des Neuen Frankfurt mitzuwirken, setzte Elsaesser traditionelle Baustoffe wie etwa Ziegel mit viel Sinn für Materialgerechtigkeit ein, experimentierte aber auch mit neuen Techniken wie dem Betonguss der Tonnengewölbe für die große Markthalle, die mit einer Materialstärke von nur sieben Zentimetern leicht und trotzdem sehr haltbar waren und selbst bei der aktuellen Sanierung im Rahmen des EZB-Baus nur wenig Zuwendung brauchten.

Die Großmarkthalle mit dem sie durchstoßenden Eingangsgebäude
Foto: klg-bergstrasse, CC BY-ND 4.0

Aus Denkmalschutz-Perspektive war die Einbindung in das EZB-Projekt wohl ein Glücksfall, auch wenn der moderne Eingangsbau, der das alte Gebäude durchdringt, auf manchen zunächst verstörend wirken mag: Durch den Neubau wurden nur solche Gebäudeteile entfernt, die nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs ohnehin nicht mehr im Original erhalten waren. Nachdem die Markthalle 2004 ihre Funktion an das „Frischezentrum Frankfurt“ in Kalbach-Riedberg verloren hatte, war es schwer, eine neue Nutzung für das riesige Gebäude zu finden, die zugleich den Erhalt des Baudenkmals garantiert hätte.

Führung um das EZB-Gelände mit dem Architekturspezialisten Arne Winkelmann
Foto: Norbert Koller, CC BY-ND 4.0

Beim Umschreiten des großen EZB-Komplexes besuchten wir sozusagen automatisch die Gedenkstätte der Architekten KatzKaiser, in der an die Massendeportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung erinnert wird. Die Nationalsozialisten benutzten den Keller der Großmarkthalle 1941 bis 1945 als Sammelplatz für insgesamt mehr als 10 000 Menschen, von denen weniger als 200 das Grauen überlebten. Die zurückhaltende, doch umso eindringlichere Gestaltung der Gedenkstätte setzt nicht auf Inszenierung. Noch Vorhandenes, wie die Eisenbahnschienen, wurde lediglich konserviert. Das Erinnern geschieht in der Hauptsache durch Zitate von ermordeten Frankfurter Bürgern, von Überlebenden des Holocaust und von Beobachtern der Massendeportationen, die in den Beton eingelassen sind.

Großmarkthalle, Bürotrakt und Reste der Eisenbahnschienen
Foto: klg-bergstrasse, CC BY-ND 4.0

Nach einem Spaziergang am Main entlang in die Altstadt und einer individuell gestalteten Mittagspause besuchten wir in zwei geführten Gruppen die Ausstellung „Marcel Duchamp“ im Museum für Moderne Kunst (MMK).  Neben den bekannten Ready-Mades zeigte die Ausstellung ausführlich auch das Frühwerk mit der Annäherung Duchamps an die unterschiedlichen Fragestellungen der Malerei und der bildenden Kunst, private Notizen und Korrespondenz und frühe Karikaturen für unterschiedliche Zeitschriften. Deutlich wurde – auch durch filmische Dokumente aus den 1960er-Jahren (Duchamp starb 1968) – der philosophische Ansatz des Künstlers, der grundlegend für letztlich die gesamte künstlerische Entwicklung im 20. Jahrhundert wurde. Da die Rückfahrt wegen der Bahn-Gruppentickets in unabhängigen Fünfergruppen erfolgte, konnte die Verweildauer in der umfangreichen Ausstellung nach persönlichem Bedarf geregelt werden.

EZB-Hochhaus mit ehemaliger Markthalle und dem Riegel des Bürotrakts
Foto: klg-bergstrasse, CC BY-ND 4.0
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8. Frühjahrsexkursion

Liebe KLG-Mitglieder,

es geht wieder los! Der Vorstand der KLG hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, in diesem Frühjahr – trotz der weiterhin hohen Inzidenzen – wieder einmal eine Exkursion durchzuführen, allerdings ohne Bus und in die nähere Umgebung. Wir haben uns entschlossen, am 23. April eine eintägige Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Frankfurt, zu einer Architekturführung EZB/Großmarkthalle und zur Austellung “Marcel Duchamp”, anzubieten, an der insgesamt 30 Personen teilnehmen können.

Wir hoffen (und würden uns freuen) wenn wir für diese Fahrt möglichst viele Teilnehmer gewinnen könnten.

Programmablauf

8.51 Uhr – Abfahrt in Bensheim Bahnhof (mit dem Zug) / Umstieg in Langen in die S3 (9.19 Uhr) 9.36 Uhr – Ankunft in Frankfurt Ostendstr. 9 / Fußweg 500 m 10.00 Uhr – Architekturführung rund um den Neubau der EZB und die Reste der Großmarkthalle von Martin Elsaesser Anschließend Spaziergang entlang des Mains / Möglichkeit zum Mittagessen 14.00 Uhr – Führung durch die Ausstellung „Marcel Duchamp“ im Museum für Moderne Kunst (MMK) 17.00 Uhr – Rückfahrt nach Bensheim / Mit dem Hessenticket in 5er-Gruppen kann die Heimfahrt flexibel geregelt werden

Kosten

40,- € pro Person (für Mitglieder) 45,- € pro Person (für Nicht-Mitglieder). Im Preis inbegriffen sind Fahrtkosten, Eintrittsgelder und 2 Führungen.

Die Teilnahme erfolgt in der Reihenfolge der Anmeldungen, wobei zunächst die Vereinsmitglieder
berücksichtigt werden.

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Fahrt nach Mannheim, Herbst 2021

Nach der langen Pause in unseren Vereinsaktivitäten führte uns am 9. Oktober der Weg nach Mannheim. Bevor wir demnächst unsere klassischen Exkursionen mit dem Bus wieder starten, versuchten wir uns am „kleinen Format“ mit niedrigem finanziellen Risiko.

Wir fuhren mit der Bahn nach Mannheim und bewegten uns dort zu Fuß und per Straßenbahn. Auf dem Weg vom Hauptbahnhof zur Kunsthalle begegneten wir mit der Straßenbahnhaltestelle am Tattersall dem ersten Denkmal aus der „Bauhausvergangenheit“ Mannheims – erbaut 1928 vom Leiter des Städtischen Hochbauamts Josef Zizler, heute zwar sehr vernachlässigt aber doch komplett, mit nur einer dezenten Erweiterung erhalten.

Straßenbahnhaltestelle am Tattersall, Foto Uwe Horst, CC BY-ND 4.0

In einer zweistündigen Führung durch die Kunsthalle lernten wir den 2018 eröffneten Hector-Bau (Planer: gmp – von Gerkan Marg und Partner) und den 1909 eröffneten Altbau von Hermann Billings kennen – sowohl das Konzept der „Stadt in der Stadt“ mit einem jedermann kostenlos zugänglichen Forum zwischen den Ausstellungsräumen als auch die Probleme in der Bauausführung wie herabfallende oder verzogene Fassadenplatten. Themen waren auch Schwerpunkte der durch die unterschiedlichen Direktoren geprägten Sammlung wie die französische Malerei des 19. Jahrhunderts oder die Neue Sachlichkeit und einzelne Highlights wie der früh und damit noch „günstig“ erworbene „Schreiende Papst“ von Francis Bacon aus dem Jahr 1951 oder Edouard Manets lange Zeit nicht öffentlich zeigbares Monumentalbild von der Erschießung Kaiser Maximilians von Mexiko.

Nach der Mittagspause sahen wir uns drei zwischen 1927 und 1930 entstandene Gebäudekomplexe an, was derzeit leider nur von außen möglich war. Anhand von Fotos aus der Erbauungszeit und Ansichten vergleichbarer Gebäude gewannen wir einen Eindruck von den ehemals kühnen Architekturen, die im Stadtbild heute auf den ersten Blick eher wie Bauten der Nachkriegszeit wirken.

So etwa das ehemalige Palasthotel Mannheimer Hof in der Augustaanlage 4-6 (jetzt Leonardo Royal Hotel Mannheim), bis 1930 im Auftrag der Stadt Mannheim unmittelbar angrenzend an die üppige Architektur aus Gründerzeit und Jugendstil rund um den Wasserturm erbaut. Der Architekt Fritz Becker (1882-1973) war wie die meisten Architekten des Neuen Bauens kein Bauhäusler, sondern ausgebildet an der TU Darmstadt und der TH München, wo etwa auch Walter Gropius, Ernst May, Erich Mendelsohn oder Josef Zizler studierten.

Die dezidiert moderne Haltung entsprach der vom Mannheimer Bürgermeister Heimerich vor und nach der Zeit des Nationalsozialismus getragenen Ausrichtung an Prinzipien des Bauhauses (für dessen Ansiedlung in Mannheim es sowohl 1925 als auch nach dem Zweiten Weltkrieg erfolglose Bemühungen gab).

Foto: Norbert Koller, CC BY-ND 4.0

Auch die Neuapostolische Kirche in der Neckarstadt (Moselstraße 6-8), von dem Mannheimer Architekten Wilhelm Friedrich Würth 1929 geplant, regt den Vorübergehenden kaum zum Innehalten an. Der asymmetrisch angelegte Sakralbau wendet sich mit seinem Trakt mit Predigerwohnungen und dem 22 m hohen Turm von allen tradierten Kirchenbauformen ab. Das Nüchterne und Zweckmäßige triumphiert über die feierliche Überhöhung. Veränderungen an den Fenstern und der Außenhaut und das Entfernen einst vorhandener Balkone lassen die frühere Klarheit der Konzeption kaum noch erkennen, obwohl die Baukörper an sich nicht verändert wurden.

Fröbel-Seminar, Foto Uwe Horst, CC BY-ND 4.0

Ganz anders das Fröbel-Seminar im Lindenhof (Rennerhofstraße 2), das, wohl vom Bauhaus-Musterhaus „Haus am Horn“ in Weimar angeregt, 1926 von Bauamtsleiter Josef Zizler geplant wurde und als Ort für Licht und Luft im Grünen noch heute seinen Charakter bewahrt hat und nur durch ein angepasstes Nebengebäude vor einigen Jahren erweitert wurde. Als erstes Gebäude im Bauhaus-Stil in Mannheim wurde es vom Städtischen Hochbauamt für die beiden Pädagoginnen (und Schwestern) Rosa und Dora Grünbaum errichtet. Diese hatten im Jahr 1900 einen Kindergarten mit Seminarräumen zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen gegründet, der in dem neuen Gebäude Platz für 85 Kleinkinder und 200 Schülerinnen bot. 1933 wurden Rosa und Dora Grünbaum hier während des Unterrichts verhaftet und später ermordet. Während der Nazizeit wandten sich viele Architekten, wie auch Fritz Becker und Josef Zizler, schnell dem rückwärtsgewandten Heimatstil zu.

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Frühjahrsexkursion 2020

Frankfurt, Kronberg, Bad Nauheim

Es sind noch Anmeldungen zur Frühjahrsexkursion möglich! Am Samstag, 16 Mai, geht es nach Frankfurt in die Schirn (Ausstellung “Fantastische Frauen”), nach Kronberg (Braun Design-Sammlung) und Bad Nauheim (Jugendstilarchitektur). Anmeldungen bitte schriftlich oder per E-Mail an Erich Henrich

Blick in die Ausstellung “Fantastische Frauen” in der Frankfurter Schirn (bis zum 24. Mai) ©Schirn, Esra Klein

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Herbstexkursion 2019

Rhein/Basel/Dornach

Die diesjährige Herbstexkursion führte mehr als 30 Mitglieder und Gäste der Kulturinitiative Leo Grewenig Ende Oktober in den Raum Basel. An zwei Tagen erkundeten die Teilnehmer zunächst das Architektur-Ensemble auf dem „Vitra Campus“ in Weil am Rhein, anderntags das Kunstmuseum Basel und das Goetheanum in Dornach im Kanton Solothurn, rund zehn Kilometer südlich von Basel. Organisiert vom ersten Vorsitzenden des Vereins Erich Henrich umfasste das Programm damit weitere Facetten des kunst- und zeitgeschichtlichen Hintergrunds des Künstlers Leo Grewenig. Das Firmenareal des Möbelherstellers Vitra in Weil am Rhein vereint Fabrikations-, Logistik- und Verwaltungsbauten des Unternehmens ebenso wie das Vitra Design Museum,  Veranstaltungsräume, das Schaudepot der Firma mit einer umfassenden Sammlung zur Geschichte des Stuhldesigns  und das als Präsentationsraum und Besuchercenter konzipierte Vitra Haus. In einer mehr als zweistündigen Führung lernte die Bergsträßer Besuchergruppe nicht nur die öffentlich zugänglichen Teile des Areals kennen, sondern sie konnte auch die architektonisch ambitionierten Gewerbehallen auf dem Werksgelände aus der Nähe, zum Teil auch im Innern betrachten. Seit einem Brand im Jahr 1981 war das inzwischen in dritter Generation geführte Familienunternehmen Vitra bemüht, Neu- und Erweiterungsbauten von fortschrittlichen Architekten planen zu lassen. Folgte man anfangs einem Masterplan, der alle Gebäude auf dem Gelände im Sinne einer einheitlichen Corporate Identity verstanden wissen wollte, gab der damalige Firmenchef Rolf Fehlbaum dann einem pluralistischen Konzept den Vorzug. Zum Zuge kamen innovative Architekten, die in der Regel aber noch völlig unbekannt waren. So war 1993 das heute als wegweisend bezeichnete Feuerwehrhaus der erste ausgeführte Bau der später weltberühmt gewordenen irakischen Architektin Zaha Hadid. Bei der Begehung der heute  als Museum genutzten Feuerwache konnten sich die Exkursionsteilnehmer einen Eindruck von der auch innen “aus dem Lot geratenen” Architektur und ihrem Einfluss auf die menschliche Wahrnehmung verschaffen. Die Vielfalt von zeitgenössischen Architekturen auf dem großen, von alten Kirschbäumen bestandenen Gelänbde umfasst außerdem Bauten von Nicholas Grimshaw, Tadao Andō, Álvaro Siza, Herzog & de  Meuron und dem japanischen Architektenbüro SANAA. Das Vitra Design Museum in einem 1989 von Frank O. Gehry gebauten Gebäude zeigte den Exkursionsteilnehmern mit der Ausstellung „Objekt der Begierde – Surrealismus und Design 1924 – heute“, welche befreiende und befruchtende Wirkung das von strenger Rationalität befreite Denken der Surrealisten auch auf  die Architektur hatte. Nach einer Übernachtung in Lörrach und gemeinsamem Abendessen in einem Brauereigasthof  galt am nächsten Morgen ein kurzer Besuch dem Kunstmuseum Basel, das die größte öffentliche Kunstsammlung der Schweiz umfasst. Im Zentrum des Interesses stand einerseits das neoklassizistische Museumsgebäude aus den 1930er Jahren von Paul Bonatz  und Rudolf Christ und der moderne Erweiterungsbau des Jahres 2016. Eine Führung durch die Bildersammlung beschränkte sich auf die Meisterwerke der Klassischen Moderne und beleuchtete auch die Sammlungsgeschichte als solche. Ganz gegensätzlich zu der von strenger Geometrie beherrschten Architektur des Vitra Areals zeigte sich anschließend das betont organisch gestaltete Goetheanum mit den umliegenden Gebäuden. Der zentrale Bau – Sitz und Tagungsort der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft – wurde als Theaterbau in den 1920er Jahren aus Sichtbeton errichtet, nachdem 1923 ein hölzernes Vorgängergebäude durch Brandstiftung zerstört worden war.  Maßgeblich entworfen von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, verzichtet das Gebäude weitgehend auf rechte Winkel und orientiert sich an Naturformen. Mit den etwa zeitgleichen Entwicklungen am Bauhaus hat das Goetheanum die  Experimentierfreude gemein, aber auch den esoterischen Ansatz, den auch Bauhäusler wie Kandinsky oder Itten verfolgten. In der Führung durch das fast 40 Meter hoch aufragende Gebäude konnte die Bergsträßer Gruppe den etwa 1000 Personen fassenden großen Saal mit seinen bunt leuchtenden Fenstern und einer farbig gestalteten Kuppel betreten.

Teilnehmer der Herbstexkursion 2019 vor der Glaserei in Dornach, Foto: klg-bergstrasse, CC BY-ND 4.0