Die diesjährige Herbstexkursion führte 34 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kulturinitiative Leo Grewenig (KLG) Ende November nach Schweinfurt, wo der Besuch von zwei hochkarätigen Bauten und zwei außergewöhnlichen Kunstsammlungen auf dem Programm stand.
Die erste Station bildete am Vormittag das Museum Georg Schäfer, das eine der bedeutendsten Sammlungen der Malerei des 19.Jahrhunderts beherbergt, die von dem Schweinfurter Großindustriellen Georg Schäfer ab den 1950er Jahren angelegt wurde. Neben den wichtigsten Strömungen der Kunst des 19. Jahrhunderts enthält sie das weltweit größte Konvolut an Bildern des Biedermeier-Malers Karl Spitzweg.
Schon 1964 hatte der Bauhaus-Architekt Ludwig Mies van der Rohe einen Entwurf für einen Museumsneubau vorgelegt, der aber in Schweinfurt nicht verwirklicht wurde, weil der Stadtrat die Unterhaltskosten für das Museum nicht übernehmen wollte. Der Entwurf von Mies van der Rohe sah einen quadratischen Stahl- und Glas-Pavillon vor, welcher kurze Zeit später der Konzeption der Neuen Nationalgalerie in Berlin als Vorbild diente.
Erst im Jahr 2000 realisierte der Berliner Architekt Volker Staab den heute bestehenden Museumsbau. Er gehört zu den wichtigsten Ausstellungsbauten der Gegenwart. Im Jahr 2008 wurde er vom Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main zu den 24 besten Bauwerken Deutschlands gekürt und 2011 von der Zeitschrift Merian in die Liste der zweihundert Höhepunkte deutscher Kulturreisziele aufgenommen.
Volker Staab setzte mit dem Ensemble einen starken städtebaulichen Akzent. Die Treppenhalle, nach dem Vorbild der Alten Pinakothek in München gestaltet, schließt zwei Loggien am Nord- und Südeingang zu einer öffentlich begehbaren Achse zusammen und ist Teil einer Platz-, Freitreppen- und Hofabfolge, welche die Altstadt mit der Mainbrücke verbindet. Dem Architekten ist es hier gelungen, „Tradition und Moderne auf das Vortrefflichste zu vereinen“, wie es in der Begründung des Deutschen Architekturmuseums heißt.
In zwei exzellenten Führungen erhielten die Teilnehmer der Fahrt sowohl einen intensiven Einblick in die Architektur des Hauses als auch in die ständige Sammlung. Wegen der hohen Qualität und der Fülle der Kunstwerke konnte die aktuelle Sonderausstellung „Meisterwerke deutscher Zeichenkunst im 19.Jahrhundert“ leider nur gestreift werden.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen bildete die Kunsthalle Schweinfurt die zweite Station der Fahrt.
Entstanden ist die Kunsthalle Schweinfurt im Jahr 2009 durch den Umbau eines ehemaligen Schwimmbads, das der Industrielle Ernst Sachs der Stadt Schweinfurt im Jahr 1927 gestiftet hatte. Der schlichte, im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtete Bau, erinnert an eine Klosteranlage mit Kreuzgang, Kirchenschiff und Refektorium. 1944 wurde das Bad durch Luftangriffe schwer beschädigt, so dass es zeitweise geschlossen werden musste.
Der Umbau vom Bad zur Kunsthalle erfolgte 2006-2007. Heute beherbergt die Kunsthalle eine Dauerpräsentation von Werken zur Kunst nach 1945, die in ihrer Qualität und Vielfalt fast einzigartig in Deutschland ist. Wechselausstellungen ergänzen die ständige Sammlung.
Auch in der Kunsthalle Schweinfurt gewannen die Exkursionsteilnehmer in zwei parallelen Führungen interessante und vielfältige Einblicke sowohl in die Architektur als auch in die aktuelle Ausstellung der Künstler Herbert Zangs (1924-2003) und Hubert Berke (1908-1979), die beide in der informellen Kunst der 50er und 60er Jahre eine wichtige Rolle spielten. Herbert Zangs, der 1978 auf der Documenta 6 vertreten war, gilt mit seinen „Verweißungen“ von Fundstücken und Dingen des Alltags als Pionier der Monochromie. Hubert Berke, einer der letzten Schüler von Paul Klee an der Düsseldorfer Kunstakademie, verfeinerte vor allem die Technik der Monotypie und changierte erfinderisch zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit.
Besonders interessant für die Besucher aus Bensheim war der Hinweis einer Führerin, dass sich auch ein Bild von Leo Grewenig in der Sammlung der Kunsthalle Schweinfurt befindet, das aber leider nicht ausgestellt ist.
Obwohl ein Teil der Dauerpräsentation wegen eines Ausstellungsumbaus nicht gezeigt werden konnte, waren die Teilnehmer der Exkursion einhellig der Meinung, dass sich die etwas längere Busfahrt nach Schweinfurt auf jeden Fall gelohnt hat und dass sie bleibende Eindrücke mit nach Hause genommen haben.
