Liebe KLG-Mitglieder, das Museum Bensheim veranstaltet am Samstag, 22. Juli um 15.00 Uhr eine exklusive Führung für KLG-Mitglieder in der aktuellen Leo Grewenig-Ausstellung. Dazu sind Sie herzlich eingeladen. Es ist keine Anmeldung erforderlich. Sie können einfach ins Museum kommen. Außerdem bietet das Museum für KLG-Mitglieder den ausstellungsbegleitenden Katalog zum Vorzugspreis von 10,00 € (statt 15.00 €) an. Mit herzlichen Grüßen Erich Henrich
125. Geburtstag!
Sonderausstellung „Surreale Welten der 1950er Jahre“ im Museum Bensheim
Es war ein für unseren Verein ganz besonderer Tag: Am 16. Juni 2023 wäre Leo Grewenig 125 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass hat das Bensheimer Museum dem Künstler eine Art Geburtstagsparty ausgerichtet. In Anwesenheit vieler Freunde der Kunst Leo Grewenigs und mehrerer unserer Vereinsmitglieder – nicht zuletzt zählt ja auch der Bensheimer Museumsdirektor Dr. Jan Christoph Breitwieser dazu – wurde am Geburtstag die aktuellen Sonderausstellung eröffnet. Bürgermeisterin Christine Klein begrüßte dabei an erster Stelle unser Vorstandsmitglied, die Tochter des Künstlers Waltrud Hölscher, die den Nachlass ihres Vaters liebevoll und unermüdlich pflege. Es sei wichtig, das Werk Leo Grewenigs im Bewusstsein auch der jüngeren Bensheimer zu halten, sagte die Bürgermeisterin. Viele Arbeiten seien hier entstanden, nachdem der Künstler mit seiner Familie 1957 in die Stadt gezogen sei. Er habe nicht nur das Stadtbild geprägt, sondern darüber hinaus auch viele Schülerinnen und Schüler am Alten Kurfürstlichen Gymnasium, wo er auf Bitten des Direktors bis weit über die Pensionsgrenze hinaus Kunst unterrichtet habe. Handwerkern habe er manchmal aus Dank kleine Arbeiten geschenkt, berichtete Klein, und nicht zuletzt seien seine phantasievollen Bilder in vielen Bensheimer Wohnungen zu finden. Das größte Bild aber, das Grewenig je geschaffen habe, hänge im Bensheimer Parktheater.
Dr. Jan Christoph Breitwieser erinnerte sich an seine erste Zeit im Museum, als der damalige Leiter Manfred Berg ihm die wichtigsten Bestände zeigte und dabei Grewenig in einem Atemzug mit Kollwitz und Corinth nannte. Im Jahr 2008 habe es im Museum schon eine größere Ausstellung zu den Arbeiten der frühen Jahre gegeben. In Hinblick auf die jetzige Ausstellung mit dem Fokus auf dem Werk der 1950er-Jahre dankte der Museumsdirektor vielen Leihgebern, die die Bestände des Bensheimer Museums ergänzen. Neben dem Saarlandmuseum hätten zahlreiche private Besitzer ihre Bilder zur Verfügung gestellt, unter anderem auch unser Verein. Breitwieser dankte Waltrud Hölscher für ihr bei der Herstellung der Kontakte zu den Leihgebern maßgebliches Engagement. Unter den Anwesenden begrüßte der Museumsleiter neben Vertretern des Saarlandmuseums auch Vorstandsmitglieder der Kulturinitiative Leo Grewenig und des Museumsvereins Bensheim.
Die Einführungsrede hielt Dr. Jennifer Chrost, die als Volontärin in der Grafischen Sammlung des Hessischen Landesmuseums Darmstadt an der Ausstellung „Tinten-Tiere“ beteiligt war, dort wurden im Jahr 2018 Leo Grewenigs seit 1954 entstandene Zeichnungen gezeigt, bei denen er schwarze Tusche zunächst auf den Malgrund kleckste, dann unter Einfluss des Zufalls verlaufen ließ, am Ende mit minimalen Eingriffen zur Formdeutung brachte und mit konkreten Titeln aus dem Bereich der Natur belegte – auch in der aktuellen Bensheimer Ausstellung sind vergleichbare Arbeiten zu sehen.
Eine solche Vielfalt wie die 1950er-Jahre zeige keine andere Phase im Werk des Künstlers, sagte Dr. Jennifer Chrost. Zugleich bilde sich deutlich der Übergang von der gegenständlichen Darstellung zur völligen Abstraktion ab. Es seien Jahre der Neuorientierung gewesen, im Privaten wie in der Kunst. Wie bei vielen anderen Künstlern habe der Nationalsozialismus die künstlerische Arbeit erschüttert. Hinzu sei gekommen, dass man das im Krieg Erlebte einfach nicht zur Sprache habe bringen können. Ein Ausweg aus dieser Sprachlosigkeit sei der Surrealismus gewesen.
Auf drei große, nebeneinander hängende Gouachen machte die Referentin besonders aufmerksam, die für die Suche nach Ausdrucksmöglichkeiten in dieser Phase charakteristisch seien: „Verzauberte Landschaft“ (1955), „Strandbad in Fischbach am Bodensee“ (1954) und „Großer Markt in Saarlouis“ (1952). Während letzteres von einer dramatischen, geradezu unheimlichen Atmosphäre geprägt sei, stehe die Seelandschaft für einen unbeschwerten Badeurlaub. Die „Verzauberte Landschaft“ schließlich zeige eine Hinwendung zum Surrealen.
„Surreale Welten der 1950er Jahre“ ist die neue Sonderausstellung überschrieben. Etwa ein Viertel der gezeigten Bilder ist im Bensheimer Atelier entstanden.
Der zur Ausstellung erschienene Katalog zeigt Farbabbildungen der ausgestellten Bilder, die von einem Text von Professor Hans Gercke, dem ehemaligen Direktor des Heidelberger Kunstvereins, und einer Bildanalyse der Museumsmitarbeiterin Anna Raab begleitet werden.
Die Ausstellung ist noch bis zum 20. August 2023 zu sehen, jeweils donnerstags und freitags von 15 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 12 bis 18 Uhr. Am 16. Juli um 17 Uhr gibt es eine öffentliche Führung mit der Kunsthistorikerin Anna Raab. Am 20. August um 18 Uhr bietet unser Vorstandsmitglied Waltrud Hölscher einen Finissage-Rundgang an.
Liebe KLG-Mitglieder, wie bereits mehrfach angekündigt, findet vom 16. Juni bis zum 20. August 2023 im Museum Bensheim eine Ausstellung von Leo Grewenig mit dem Titel "Surreale Welten der 1950er-Jahre" statt. Zur Ausstellungseröffnung am Freitag, 16. Juni 2023 um 19.00 Uhr sind alle Mitglieder der KLG herzlich eingeladen. Zur Einführung in die Ausstellung spricht die Kunsthistorikerin Dr. Jennifer Chrost. Im Rahmen des Begleitprogramms findet am 16. Juli 2023 um 17.00 Uhr eine öffentliche Führung durch die Ausstellung mit der Kunsthistorikerin Anna Raab, B.A. statt. Ein Finissage-Rundgang mit Frau Waltrud Hölscher, der Tochter des Künstlers, beendet die Ausstellung am Sonntag, d. 20. August 2023 um 18.00 Uhr. Auch zu diesen Begleitveranstaltungen sind alle KLG-Mitglieder herzlich eingeladen. Mit freundlichen Grüßen Erich Henrich (1. Vorsitzender KLG)
Die diesjährige Frühjahrsexkursion der Kulturinitiative Leo Grewenig e.V. führte 30 Mitglieder und Freunde des Vereins am Samstag, dem 29.4.2023 nach Nordhessen.
Die erste Station des Ausflugs war die 1919 gegründete Frauensiedlung Loheland in der Rhön nahe Fulda, die vor allem durch die Loheland-Gymnastik sowie die kunstgewerblichen Produkte der Loheland-Werkstätten bekannt geworden ist. Arbeiten und Leben sollten dort Hand in Hand gehen. Die „Loheländerinnen“ integrierten Gymnastik, Tanz, Garten- und Ackerbau, Handwerk und Kunst in ihrem Konzept. Die Loheland-Siedlung stellte in den 20er Jahren ein – wenn auch relativ unbekanntes – Pendant zum Bauhaus dar. Heute ist Loheland von Gebäuden unterschiedlichster Größe und Erscheinung, beschatteten Wegen und viel „Grün“ geprägt.
Die ehemalige Archivarin und profundeste Kennerin Lohelands, Frau Elisabeth Mollenhauer-Klüber führte die Gruppe zunächst in die Geschichte und die Ziele der Loheland-Gemeinschaft ein. In einem anschließenden Rundgang wurden dann die bedeutendsten noch erhaltenen Gebäude aus den 20er Jahren besichtigt. Interessant war vor allem die sog. „Waggonia“, ein aus vier ehemaligen Eisenbahnwaggons bestehendes Gebäudeensemble, in dem die wichtigsten Werkstätten der Siedlung untergebracht waren.
Frau Anett Matl, die Archivarin der Loheland-Stiftung hatte im Archiv eine kleine Auswahl von Keramiken, Lederarbeiten, Holz-Objekten, Möbeln und Fotografien für die Gruppe arrangiert, die im Anschluss an die Außenführung gezeigt und von ihr erläutert wurden. So konnten die Exkursionsteilnehmer anhand von Originalen einen „exklusiven“ Eindruck von den Produkten der „Loheländerinnen“ gewinnen, die in der Regel nur für Einzelbesucher im Archiv zugänglich sind.
Nach dem Mittagessen ging es dann weiter nach Fulda, wo mit der „Villa Franz Erhard Walther“, die im September 2022 als Museum für das Frühwerk des 1939 in Fulda geborenen und heute wieder dort lebenden Künstlers eröffnet wurde, das nächste „Highlight“ auf die Gruppe wartete.
Franz Erhard Walther war mehrmaliger Documenta-Teilnehmer und erhielt 2017 auf der Biennale in Venedig den Goldenen Löwen für sein Lebenswerk. Nach einem längeren Aufenthalt in New York war er von 1971 bis 2005 Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Er ist vor allem durch seine „Werksätze“ bekannt, durch die der Betrachter zu prozesshaften Erfahrungen durch „Handeln“, vor allem mit textilen Materialien, aktiviert werden soll.
In der Villa Franz Erhard Walther führte der „Hausherr“ selbst durch sein Museum. Fast zwei Stunden lang erläuterte Franz Erhard Walther seine frühen Arbeiten und entrollte in zahlreichen Anekdoten ein faszinierendes „Kunst-Panorama“ der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Man hätte ihm noch viele Stunden zuhören können. Die Exkursionsteilnehmer erlebten Kunstgeschichte und Kunstbetrachtung sozusagen aus „erster Hand“, die intensiver nicht sein konnte. Die Führung von Franz Erhard Walther war ein einmaliges Erlebnis und ein Privileg, das die Gruppe zu schätzen wusste, die sich bei dem Künstler mit lange anhaltendem Applaus bedankte.
Eine Führung durch die Michaelskirche, eines der bedeutendsten Bauwerke der Karolingerzeit, und den barocken Dom bildete dann den Abschluss der gelungenen Frühjahrsexkursion.
Über die Quadratur des Kreises
Vortrag von Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher im Museum Heppenheim
Bericht von Rosemarie Reusch
Das Museum Heppenheim und die Kulturinitiative Leo Grewenig hatten eingeladen zu einem Vortrag im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung [1+1] konkret mit Werken von Heinz Nickel und Hubert Zimmermann.
Der Direktor des 2002 von ihm in Gießen gegründeten MATHEMATIKUMS, einem Museum der besonderen Art, welches Mathematik zum Experimentieren, zum Anfassen und Begreifen anbietet, konnte natürlich diese große Frage der Mathematik ebenso wenig beantworten, wie andere Mathematiker vor ihm. Aber es gelang ihm auf höchst amüsante Weise, allerhand Informationen und Fragestellungen „Rund um Quadrat und Kreise“ in den Raum zu stellen.
Herr Dr. Beutelspacher ist von Hause aus Mathematiker und war von 1988 bis 2018 an der Justus-Liebig-Universität in Gießen als Professor für Geometrie und Diskrete Mathematik tätig. Für sein wissenschaftliches Werk hat er zahlreiche Preise und Ehrungen erhalten. Seine Aufgabe sieht er jedoch auch darin, mathematische Alltagsprobleme populärwissenschaftlich zu vermitteln und damit einer breiteren Öffentlichkeit Mathematik spannend und verständlich zu präsentieren. Dies konnten die zahlreichen Besucher im Marstall des Kurmainzer Amtshofs im Verlauf des Abends miterleben.
In der Ausstellung „1+1 [konkret] Bilder und Objekte von Heinz Nickel und Hubert Zimmermann“ tauchen immer wieder die Grundformen Quadrat und Kreis in vielfältiger Variation auf. Beide Figuren bestimmen maßgeblich unser reales und unser geistiges Leben, wie Herr Dr. Beutelspacher seinen Vortrag einleitete. Ebenso bedeutsam wie sie sind, sind sie jedoch auch unterschiedlich.
Das Quadrat spielt bei der Erfassung des Raumes, beim Messen von Entfernungen, eine entscheidende Rolle. Im Jahr 300 v. Chr. hat Euklid in seinem Buch „Die Elemente“ in einer systematischen, streng logischen Darstellung die damalige Mathematik bis zum Satz des Pythagoras entwickelt, bei dem das Quadrat und der rechte Winkel wichtige Bausteine sind.
Anhand eines schönen Beispiels aus der griechischen Philosophie erläuterte Herr Dr. Beutelspacher die schon damals bekannte große Bedeutsamkeit des Quadrates.
In diesem Zusammenhang vertritt Sokrates die für Pädagogen interessante These, dass „Lernen nicht durch Eintrichtern erfolgt, sondern wir das Wissen, das in uns steckt nur stimulieren müssen“. Das Quadrat besitzt rechte Winkel, eine für unsere Vorstellungskraft sehr angenehme Eigenschaft, und es lässt sich perfekt zu Flächen ohne Lücken zusammensetzen. Der Mensch teilt die Welt in Quadrate ein und versucht sie damit zu beschreiben und zu beherrschen.
Kreis und Kugel sind in der Natur vorhanden und in unserer Lebenswelt allgegenwärtig. Die Kreise lassen sich jedoch nicht zu Flächen ohne Lücken zusammenfügen, Umfang und Flächeninhalt nur schwer bestimmen. Die transzendente Zahl Pi entzieht sich unserem Vorstellungsvermögen. Und die schon in der Antike aufgeworfene Frage, ob man einen Kreis in ein Quadrat mit gleichem Flächeninhalt durch Konstruktion mit Zirkel und Lineal verwandeln kann, also die Quadratur des Kreises, wurde 2000 Jahre später mit einem eindeutigen Nein beantwortet.
Zum Schluss seines Vortrages widmete sich Herr Dr. Beutelspacher dem Möbiusband, einem Papierstreifen, der um 180° gedreht und dann zusammengefügt, merkwürdige Eigenschaften aufweist. Er besitzt weder Außen noch Innen, weder Oben noch Unten und er hat nur eine einzige Kante. Zerschneidet man dieses Band der Länge nach auf verschiedene Arten, kann man wundersame Dinge hervorzaubern. Auf diese Weise konnte der Referent sogar ein Quadrat erhalten, womit zumindest bewiesen wäre, dass sich Kreise in ein Quadrat verwandeln lassen.
Die abschließende Transformation zweier Möbiusbänder zu zwei verbundenen Herzen stand sinnbildlich dafür, dass Herr Dr. Beutelspacher mit seinem humorvollen Vortrag auch die Herzen des Publikums gewonnen hatte. Es bedankte sich, nach der Beantwortung einiger offener Fragen, mit kräftigem Applaus für einen Abend, der zwar um mathematische Phänomene rankte, aber die eigene erlebte Schulmathematik vergessen ließ. Insofern war dies auch eine Einladung, das MATHEMATIKUM in Gießen zu besuchen.
Das Begleitprogramm zur Sonderausstellung im Museum Heppenheim in Form von hochkarätig besetzten Vorträgen ist nun zwar beendet, aber bis zum Ende am 30. April 2023 werden noch Führungen und ein Kreativworkshop für Kinder stattfinden. Die Termine sind der örtlichen Presse zu entnehmen.
Auch Besuche für Schulklassen sind nach Vereinbarung möglich.
Trauer um Brigitte Frank
Mit Bedauern haben wir in der Zeitung gelesen, dass Brigitte Frank im Februar dieses Jahres gestorben ist. Sie war seit vielen Jahren Mitglied in unserem Verein und war mit uns auf vielen Exkursionen. Sie hat uns dabei mit ihrer zurückhaltend humorvollen Art und ihrem breiten Wissen beeindruckt, aber auch mit ihrer Rüstigkeit im hohen Alter.
Brigitte Frank ist in der Region vielen als langjährige stellvertretende Schulleiterin des Bensheimer Goethe-Gymnasiums bekannt. Nicht zuletzt hatte sie großen Anteil an der Rezeption des Werkes ihres Vaters Franz Frank an der Bergstraße, der mit seinem vom Expressionismus beeinflussten Werk den Malern der „verschollenen Generation“ zugerechnet wird.
Vortrag von Dr.Theres Rohde im Museum Heppenheim
von Erich Henrich
Konkrete Kunst ist die Schnittmenge zwischen „Kann ich auch“ und „Verstehe ich nicht“ – die Postkarte mit dieser Aussage ist die am meisten verkaufte im Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt.
Mit dieser ironischen Bemerkung eröffnete die Direktorin des Hauses, Dr.Theres Rohde am Dienstagabend ihren Vortrag zum Thema „1+1 = 2? Vom schwierigen Versuch die Konkrete Kunst und deren Gesetzmäßigkeiten zu erklären“, der am Dienstagabend zahlreiche Besucher in den Marstall des Kurmainzer Amtshofs lockte. Sie war auf Einladung des Museums und der Kulturinitiative Leo Grewenig nach Heppenheim gekommen, um im Rahmen des Begleitprogramms zur laufenden Sonderausstellung über Konkrete Kunst zu referieren.
Und sie begann ihre Ausführungen auch gleich mit dem „Urknall“ der Moderne, dem berühmten „Schwarzen Quadrat auf weißem Grund“ von Kasimir Malewitsch, einer Ikone des 20. Jahrhunderts. Malewitsch vollzog 1915 mit diesem Bild einen konsequenten Bruch mit allem bisher Dagewesenen und setzt sich radikal von Realismus, Impressionismus und Expressionismus ab. „Man muss ihn mit damaligen Augen sehen“, betonte Frau Dr. Rohde und wies damit auf den Schock hin, den die totale Gegenstandslosigkeit von Malewitsch’s Bild bei den Zeitgenossen auslöste.
Über die Konstruktivisten und das Bauhaus führte sie die Zuhörer dann zur Künstlergruppe De Stijl um Piet Mondrian und zu Theo van Doesburg, der zum ersten Mal den Begriff Konkrete Kunst in die Kunstgeschichte einführte. „Das Kunstwerk darf nichts von den formalen Gegebenheiten der Natur enthalten. Das Bild muss ausschließlich aus Flächen und Farben konstruiert werden. Denn nichts ist konkreter, wirklicher, als eine Linie, eine Farbe, eine Oberfläche. Deshalb Konkrete und nicht abstrakte Malerei“, schrieb van Doesburg 1930 in einem programmatischen Manifest.
Mit den „Züricher Konkreten“ Max Bill und Richard Paul Lohse erfolgte dann in den 40er und 50er Jahren eine Hinwendung zu mathematisch betonten Bild-Konzepten und seriellen Prinzipien. In einem Exkurs ging Frau Dr. Rohde auch kurz auf die Rolle der Mathematik in der Kunst ein und verwies damit auf die Ausstellung, die gerade diesen Aspekt in den Vordergrund stellt. An einem Bild von Richard Paul Lohse erläuterte sie die gesellschaftlich- demokratischen Zielsetzungen, die Lohse in seiner Kunst verfolgt. Und schließlich war es Max Bill, der als Künstler, Designer, Architekt, Grafiker und Hochschullehrer den Bogen von der reinen Kunst zur Umweltgestaltung spannt, denn viele Möbel und Gebrauchsgegenstände, vor allem der 60er und 70er Jahre, zeigen die minimalistische Gestaltungsweise der Konkreten Kunst.
„Viele von Ihnen tragen ein Stück Konkrete Kunst in ihrer Hosentasche“ behauptete die Referentin scherzhaft und verblüffte damit zunächst die Zuhörer. Denn das Logo der Deutschen Bank, das auf vielen Scheckkarten zu finden ist, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als angewandtes Beispiel dieser Kunstrichtung. Der Grafiker Anton Stankowski, der ebenfalls im Bereich der freien Gestaltung tätig war, hat in minimalistischen Kürzeln mit nur wenigen Linien der Deutschen Bank ein Gesicht gegeben, das heute weltweit auch ohne Schriftzeichen verstanden wird. In diesem Sinne, betonte Frau Dr. Rohde, wird sich auch das Museum für Konkrete Kunst (MKK) in Ingolstadt nach dem Umbau, der gerade im Gange ist, zum MMKD (Museum für Konkrete Kunst und Design) wandeln. Denn Konkrete Kunst ist kein historisches Phänomen, sondern ist in der Kunst, im Design und der Umweltgestaltung auch in der Gegenwart noch vielfältig vorhanden. Dazu bedarf es aber eines erweiterten Blickwinkels. Und anhand einiger Ausstellungen ihres Museums der letzten Jahre gab sie einen Ausblick auf die Möglichkeiten der Konkreten Kunst heute.
Das schwierige Thema vermittelte Frau Dr. Rohde auf amüsante und unterhaltsame, aber immer informative und zum Reflektieren und Nachdenken anregende Art und Weise. Die Zuhörer dankten ihr mit lange anhaltendem Applaus und beteiligten sich rege an der anschließenden Diskussion – insgesamt ein gelungener Auftakt der Begleitveranstaltungen zur Ausstellung „1+1 [konkret] Bilder und Objekte von Heinz Nickel und Hubert Zimmermann“. Der zweite Vortrag von Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher zum Thema „Rund um Kreise und Quadrate“ findet am Mittwoch, dem 29.3.2023 um 19.00 Uhr ebenfalls im Marstall des Kurmainzer Amtshofs in Heppenheim statt.
Am vergangenen Wochenende wurde mit großem Publikumsinteresse unsere Ausstellung zur Konkreten Kunst mit Werken von Heinz Nickel und Hubert Zimmermann eröffnet.
Im Begleitprogramm gibt es zwei Vorträge, die beide auf ihre Weise einen vertiefenden Zugang zur Konkreten Kunst bieten – und es werden Führungen und Workshops, auch für Kinder, angeboten.
Konkrete Kunst und deren Gesetzmäßigkeiten, Dr. Theres Rohde am 14. März 2023
Die Quadratur des Kreises, Prof. Dr. Beutelsbacher – am 29. März 19 Uhr
Einladung zur Ausstellungseröffnung
Am Sonntag, 5. März um 11 Uhr wird die Ausstellung „1 + 1[konkret]“ mit Werken von Heinz Nickel und Hubert Zimmermann eröffnet, die unser erster Vorsitzender Erich Henrich kuratiert und gemeinsam mit dem Museum Heppenheim organisiert hat. Zur Einführung spricht neben Erich Henrich auch Rosemarie Reusch, ehemalige Lehrerin am von der Fachschaft Bildende Kunst und Mathematik am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Weinheim. Begleitet durch Musik von Rainer Michels wird es sicher eine inspirierende Veranstaltung, zu der alle Mitglieder und Freunde unseres Vereins sehr herzlich eingeladen sind.
Die Ausstellung läuft bis zum 30. April 2023, geöffnet mittwochs, samstags und sonntags sowie an Feiertagen jeweils von 14 Uhr bis 17 Uhr.
Exkursion Loheland
Endlich können wir wieder gemeinsam unterwegs sein! Die erste Bus-Exkursion „nach der Pandemie“ wird uns am Samstag, 29. April zur Siedlung Loheland bei Fulda führen.
Diese Einrichtung nur für Frauen wurde 1919 gegründet und ist landesweit vor allem durch die Loheland-Gymnastik sowie die kunstgewerblichen Produkte der Loheland-Werkstätten bekannt geworden. Arbeiten und Leben sollten dort Hand in Hand gehen. Die Loheländerinnen integrierten Gymnastik, Tanz, Garten- und Ackerbau, Handwerk und Kunst in ihrem Konzept. Die Loheland-Siedlung stellte in den 20er Jahren ein (wenn auch relativ unbekanntes) Pendant zum Bauhaus dar.
Durch Kontakte unseres ersten Vorsitzenden Erich Henrich haben wir Gelegenheit, die Siedlung mit Informationen aus erster Hand, nämlich in einer Führung durch die ehemalige Leiterin des Archivs, kennenzulernen.
Anschließend fahren wir nach Fulda zu Führungen durch das Museum „Villa Franz Erhard Walther“ und durch den Dom und die karolingische Michaelskapelle.
Abfahrt ist um 7.30 Uhr, die Rückkunft ist für etwa 20 Uhr geplant.
Hier finden Sie die Details zur Fahrt: